Bereits zum sechsten Mal findet vom 4. bis 10. Juni 2018 die „Negroni Week“ statt. Auf der ganzen Welt nehmen Bars daran teil und animieren ihre Gäste den klassischen Drink zu feiern und unterstützen mit dem Erlös aus dem Verkauf ihrer Negroni-Drinks selbst gewählte soziale Projekte. Rund 1000 Bars in Deutschland nehmen mittlerweile an der Aktion teil. On top spendet Campari Deutschland dieses Jahr 25.000 € an den Verein der „Tafel Deutschland“.

Die Barschule München unterstützt den guten Zweck mit folgender Aktion:

Wer sich in der „Negroni Week“ Woche vom 4. bis 10. Juni zu einem beliebigen Kurs, oder einer Masterclass anmeldet, bekommt bei Kursbeginn einen leckeren Negroni von uns serviert und dazu unterstützen wir den sozialen Charity Gedanken pro angemeldetem Teilnehmer mit einer Spende von 12,50€ (Durchschnittspreis eines Negroni) an eine gemeinnützige Einrichtung.

Zusätzlich gibt es in dieser Woche trinkhistorisches Wissen zur Entstehungsgeschichte dieser italienischen Legende: Wir beginnen heute zwar nicht chronologisch, aber logisch in Mailand, denn ohne einen Campari hätte der Negroni nicht diesen besonderen Farbton, aber Genaueres lest ihr in den nächsten Artikeln:

CAMPARI - pt. I MILANO

Gaspare Campari war ein Likörmacher und Edelmann - nannte er doch seinen neuen roten Bitterlikör, den er ab Mitte des 19. Jhdt. in seinem neueröffneten Café „Camparino“ in Mailand präsentierte, zuerst uneigennützig „Bitter all’uso di Olanda“, was soviel bedeutet wie „in Holland gebräuchlich“; angelehnt an die Likörherstellung in Holland (ein Teil der Niederlande), die zu dieser Zeit schon sehr hoch entwickelt war. Den Mailändern war das zu umständlich und schon bald wurde der herbe, rote Likör schlicht Campari genannt.

Der ausgefeilten und zum Teil geheimnisvollen Rezeptur, die Gaspare Campari von 1862 bis 1867 entwickelte, liegt ein alkoholischer Auszug von 86 Kräutern, Früchten und Gewürzen zugrunde. Dieses Mailänder Original hat es in den folgenden Jahren v. a. seinem Sohn Davide Campari (steht heute noch als Namenseigner auf jeder Campari Flasche) zu verdanken, dass Papa Campari in ganz Italien und letztlich auch weltweit bekannt wurde. Denn in der zweiten Hälfte des 19. Jhdt. gab es weitere Bitterliköre in Italien, doch das unternehmerische Geschick des Davide Campari und die Auffälligkeit des roten Bitterlikörs fördert die Popularität so sehr, dass selbst der ital. Drinkhistoriker Lucca Pichi in seinem Buch „Negroni Cocktail - An Italian Legend“ davon ausgeht, dass ein Campari Bitterlikör im allerersten Negroni verwendet wurde - diese Offenbarung hat der 1882 verstorbene Entwickler Gaspare Campari allerdings nicht mehr erlebt.

Die bekannten Zutaten sind Chinarinde, Ginseng, die Rinde das karibischen Kaskarillabaums (ein baumartiger Wolfsmilchstrauch), Granatapfel, Rhabarber, Zitrusöl und Orangenschale. Dieses Mazerat wird aufwändig gefiltert, bis eine klare Spirituose zurückbleibt, dann mit destilliertem Wasser auf eine Trinkstärke von 25 Vol.% herab reduziert und anschließend mit 250g Zucker pro Liter zu einem Likör eingestellt. Die typische karmesinrote Farbe, diente von Beginn an dazu den Likör auffällig zu gestalten - wir erinnern uns, nach holländischem Gebrauch, denn auch Curaçao-Liköre, Orangenliköre von den niederländischen Antillen, sind gefärbt - bis 2005 wurde dazu der natürliche Farbstoff der mittel- und südamerikanischen Cochenilleschildlaus verwendet, seit 2006 werden dazu künstliche Farbstoffe verwendet. Campari wird mittlerweile in mehr als 190 Ländern getrunken und zählt definitiv zu einer der berühmtesten Marken weltweit.

VERMOUTH - pt. II TORINO

Die maßgebliche Wendung nahm die Geschichte des Wermuts 1786, als der junge Antonio Benedetto Carpano nach seinem Studium der Agrar- und Naturwissenschaften als Assistent der Wein- und Spirituosenhandlung des Signor Marendazzo anfing und sogleich alte Hausrezepte zu einem geschmacklich ausgefeilten aromatisierten Wein vereinte, der auch den Damen mundete. Sein Luxuswein betörte die gehobenen Kreise Turins, denn der unverwechselbare Geschmack aus der Basis des süßen, blumigen Moscato (Muskateller) und einer Mischung aus 50 verschiedenen Gewürzen, Pflanzen und Rinden kam im Vergleich zu den ursprünglichen Rezepten besser an.

Nachdem seine Rezeptur bei Hofe so gut ankam und das Herzogtum Savoyen dem Römischen Reich Deutscher Nation näher stand als dem Nachbarn Frankreich, wählte Carpano die deutsche Bezeichnung des maßgeblichen Krauts für seinen aromatisierten Wein. Erst sein Neffe und Erbe trug den Markennamen ein, führte ihn zu Ruhm und gründete die Firma „Guiseppe Bernardino Carpano", die heute noch namentlich auf jeder „Antica Formula“ Flasche aus dem Hause Carpano zu lesen ist. Die Produktionsstätte und Weinhandlung mitten in Turin wurde ein beliebter Treffpunkt der Gesellschaft von Politik bis Kunst - als am 19. April 1870 einige Börsenmakler bei Carpano zum Aperitif eintrafen und vertieft in die Börsensprache einer der Makler einen Wermut mit den Worten „punt e mes“ bestellte, was für „eins und halb“ steht und soviel wie ein Teil Wermut und ein halber Teil Bitter bedeuten sollte, war die Idee für einen herberen Wermut mit leichter Bitternote geboren. Punt e Mes ist heute weltweit der erfolgreichste Wermut der Marke Carpano.

Im Turin dieser Zeit genossen Weinbrenner hohes Ansehen und waren in Zünften organisiert, so ergab es sich, dass die beiden Brüder Giovanni Giacomo und Carlo Stefano Cinzano im Protokoll einer Sitzung im Jahre 1757 genannt werden. Als sachkundige Hersteller von aromatisierten Weinen, dauerte es danach nicht lange bis sie ihren eigenen Vermouth herstellten und zur selben Zeit wie Antonio Benedetto Carpano auf dem Markt erschienen und den Stil des „Vermouth di Torino“ mitprägen. Bekannt wurde die Marke Cinzano auch hier dank eines Nachfahren, dessen Name noch immer auf jeder Flasche zu lesen ist. So war es Francesco Cinzano der den Wermut vornehmlich in seinem Ladengeschäft in der heutigen Via Garibaldi in Turin verkaufte und den Fortbestand sicherte.

Andere italienische Marken folgten und prägten den süßen italienischen Stil, bis der trockene französische Stil auf die Weltbühne trat…

Die Wurzeln des Negroni - eine trinkhistorische Herleitung in zwei Teilen

Teil I

In den beiden zuvor veröffentlichten Teilen der Basis für einen Negroni haben wir uns von Mailand nach Turin bewegt. Wir erinnern uns - in Mailand ist der rote Bitterlikör in der Zeit von 1862 bis 1867 von Signore Gaspare Campari entwickelt worden und laut Lucca Picchi (Trinkhistoriker und Autor) in dessen Buch „Negroni Cocktail - An italian Legend“ es als belegt gelten darf, dass der rote Bitterlikör aus dem Hause Campari in dem original Negroni verwendet wurde. Ebenso gilt es als historisch gesetzt, dass ein Wermut aus Turin als zweite Zutat verwendet wurde. Doch wie verhält es sich mit dem Rest der Geschichte?

Es gilt als erwiesen, daß im Laufe des 19. Jhdt. im Herzen Turins, an der heutigen Piazza Castello, gegenüber des Königspalastes (Turin war zu dieser Zeit Hauptsitz des Königreich Sardinien und des Herzogtums Piemont und Savoyen) in dem Ladenlokal des Antonio Benedetto Carpano sein verfeinerter aromatischer Wein namens Wermut den Gästen so gut schmeckte, dass der liebliche Vermouth di Torino immer populärer wurde. Andere Rezepturen und Marken entstanden, doch die süßlich würzige Art des Turiner Stils war geboren. Zu jener Zeit verbreiteten sich auch Bitterliköre, sogenannte Amaros (amaro, ital. = bitter) und so wurde es bald Mode, Wermut und Bitter miteinander zu kombinieren.

Es entstand in den gehobenen Cafés die sogenannte Wermut-Stunde. Sie war gewissermaßen das Nachmittagsprogramm der Gentlemen und man reichte als „Aperitivo“ einen Vermouth di Torino gemischt mit einem Teil eines Bitterlikörs.

Wir begeben uns in die Mitte des 19. Jhdt. nach Norditalien, 1867 eröffnet in der neugestalteten Galleria Vittorio Emanuele II., der Einkaufspassage am Mailänder Dom ein Gaspare Campari ein elegantes Café mit dem Namen „Camparino“ und beglückt fortan seine Gäste mit einem leuchtend roten Aperitif. Man braucht also nicht viel Fantasie um jetzt schlussfolgern zu können, dass irgendwann ein Vermouth di Torino hier mit dem hauseigenen Campari gemischt wurde. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Negroni war entstanden, der „Milano-Torino“ war geboren und galt fortan als der Aperitivo in den gehobenen Kreisen Norditaliens.

Dieser Drink soll heutzutage ja bekanntermaßen als Urahne des „Americano“ gelten, denn in der Zwischenzeit wurde das Sodawasser entwickelt und fand den Weg in die ursprünglichen Bars im neuen Amerika. Hier gehen nun die Legenden auseinander - war es demnach chic in Italien nach amerikanischem Vorbild den „Milano-Torino“ mit etwas Soda zu verdünnen, oder waren es die frühen amerikanischen Touristen, die um die Jahrhundertwende den Aperitivo spritziger genießen wollten und somit der Name „Americano“ entstanden ist?

Was haltet ihr von der These, dass es eventuell ein Bitterlikör mit dem Namen „Americano“ gegeben haben soll, wenn man das italienische Wort „amer“ für bitter als Fundament für diese Behauptung aufführt? Darüber mehr im nächsten Teil morgen…

Die Wurzeln des Negroni - eine trinkhistorische Herleitung in zwei Teilen

Teil II

Im vorangegangenen ersten Teil widmeten wir uns dem wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum Negroni - der „Milano-Torino“ war geboren und galt fortan als der Aperitivo in den gehobenen Kreisen Norditaliens. Die stärksten Kreise gingen in dem Fall nach und nach von dem Café Camparino des Signore Campari aus, da sein Bitterlikör sehr auffällig durch die karmesinrote Farbe war, zudem geschmacklich sehr gut ankam und ein außergewöhnliches Mailänder Original darstellte. Die steigende Popularität steigerte zusätzlich sein Sohn Davide Campari in Nord- und Gesamtitalien durch sein unternehmerisches Geschick.

Selbst die englischen Online-Fachseiten für Barkultur „Difford’s Guide“ und „Imbibe“ nennen diesen Aperitifdrink immer noch „Milano-Torino“ (abgekürzt auch „Mi-To“), aber nie „Torino-Milano“ und nennen in der Rezeptur kein Sodawasser, dafür aber eine frische Orangenscheibe. Im ausgehenden 19. Jhdt hielten anscheinend viele italienische Bars und Cafés eine Karaffe dieser Mischung aus Campari und Vermouth di Torino schon vorgekühlt bereit, wie die ital. Barkultur-Onlineseite „Saperebere“ zu berichten weiß. Dieser Aperitivo wurde dann ohne Eis (da zu dieser Zeit noch nicht maschinell hergestellt) in kleine ital. Wein-/Likörgläser mit ca. 30-50ml ausgeschenkt.

Dieser Drink soll heutzutage ja bekanntermaßen als Urahne des „Americano“ gelten. Hier gehen nun die Legenden auseinander - war es demnach chic in Italien nach amerikanischem Vorbild den „Milano-Torino“ mit etwas Soda zu verdünnen, oder waren es die frühen amerikanischen Touristen, die um die Jahrhundertwende den Aperitivo spritziger genießen wollten und somit der Name „Americano“ entstanden ist? Oder war es dem Boxer Primo Carnera geschuldet, der 1933 den Weltmeistertitel im Schwergewicht im Madison Square Garden in New York gewann und im zu Ehren dieser urtypische ital. Aperitivo „Milano-Torino“ mit Sodawasser aufgespritzt wurde und seitdem „Americano“ hieß?

Ich „Patrick Metzger“ lehne mich hier weit aus dem Fenster und behaupte, das sei alles Quatsch. Alle „Americano“ Namenslegenden nach der Jahrhundertwende, v.a. auch wegen der amerikanischen Prohibitionszeit ab 1919 sind schwer zu glauben. Warum? Zum ersten weil man ja weitläufig das Geburtsjahr des Negroni auf 1919/1920 als belegt annimmt und alle „Americano“ Legenden danach wären unsinnig und zweitens gab es bereits kurz vor der Jahrhundertwende und es gibt ihn heute noch, einen aromatisierter Weinaperitif in der Flasche, der sich bereits „Americano“ nannte. Ich spreche hier von dem rötlichen aromatisierten Gewürzwein aus dem Hause Gancia in der Region Asti, die bereits seit 1850 Weine und aromatisierte Weine herstellte und in Italien als die erste Kellerei gelten, die einen weißen italienischen Vermouth herstellten. Dieser „Americano“ war und ist süßlich und herb gleichzeitig und basiert auf Chinarinde, Enzian, Nelken, Zimt, Muskatnuss und Sandelholz und hat fruchtige Noten von Kirsche, Himbeere und Orange mit einer Honigsüße. So soll es in den heiligen Hallen der Firma Gancia noch alte Flaschen mit der Aufschrift „Americano“ von vor der Jahrhundertwende geben und ebenfalls in dem Museum der Firma Martini & Rosso in Pessione sollen angeblich noch Flaschen aus der Zeit vor 1900 mit der Aufschrift „Americano“, was für diesen Bitterlikör steht, existieren. Somit ergibt das italienische Wort „amer“ für „bitter“ eine neue trinkhistorische Bedeutung! Die Firma Gancia stellt übrigens den „Americano“ Bitterlikör immer noch her: Gancia Americano

Was haltet ihr von der These? Im letzten Teil morgen erfahrt ihr, was es letztlich mit dem Grafen Negroni auf sich hatte…

© 2018 F.LLI Gancia & C. SpA Canelli (Asti – Italia)

Die „Americano Verschwörung“ trifft auf die Spur des Grafen - der Negroni entsteht

Teil I

In den beiden vorangegangenen Teilen ging es um die Entstehung des Aperitivo „Milano-Torino“, der in Italien im ausgehenden 19. Jhdt. zum Standard Aperitif der gehobenen Kreise zählte. In zahlreichen Cafébars in Norditalien hielten die Barmänner meist eine gekühlte Karaffe der Mischung aus Campari und Vermouth di Torino bereit und schenkten, wie die ital. Barkultur-Onlineseite „Saperebere“ zu berichten weiß, diesen dann ohne Eis in kleine ital. Wein-/Likörgläser mit ca. 30-50ml aus.

Des weiteren stellte ich die gewagte These auf, dass es erwiesenermaßen um die Jahrhundertwende in Norditalien einen gesüßten rötlichen, aromatisierten Gewürzwein gegeben haben soll, der die Aufschrift „Americano“ auf der Flasche trug. Die Firma Gancia aus der Region Asti, wurde 1850 gegründet und stellt heute noch diese Flasche mit der Aufschrift „Americano Aperitivo“ her, zudem belegen Hinweise, dass ebenfalls in dem Museum der Firma Martini & Rosso in Pessione angeblich noch Flaschen aus der Zeit vor 1900 mit der Aufschrift „Americano“, was für diesen Typ Bitterlikör steht, existieren.

Ist nun der „Milano-Torino“ der Urahne des „Americano“ (Aperitifdrink aus Campari und süßen Wermut mit Sodawasser), oder hat man schlicht den Americano Bitterlikör mit Soda aufgespritzt? Hier muss weiter recherchiert werden - ich glaube an die „Americano Verschwörungstheorie“! ;-)

Aber wer ist denn nun dieser Camillo Negroni, dem wir diesen klassischen Drink angeblich verdanken? Verdienstvollerweise hat Luca Picchi (Bartender und Trinkhistoriker) das Leben dieses Mannes recherchiert und seine Geschichte in dem Buch „Sulle tracce del Conte (Auf den Spuren des Grafen)“ festgehalten.

Am 25. Mai 1868 erblickte Camillo Luigi Manfredo Maria Negroni in Florenz das Licht der Welt. Er war der Sohn des Grafen Enrico Negroni und seiner Frau Ada Bishop Savage Landor - seine Mutter hatte also britische Wurzeln. Mit 16 Jahren begann er die Militärschule in Modena, mit 20 Jahren als Leutnant wurde er Vater eines außerehelichen Kindes, die Mutter des Kindes starb, die Familien überwarfen sich, Camillo quittierte den Militärdienst und beschloss in die USA auszuwandern. 1892 begab er sich auf das Dampfschiff „Fulda“ von Genua nach New York. Wenige Dokumente belegen diese Zeit, es gilt jedoch als erwiesen, dass er als Cowboy Rinderherden bis in die kanadische Provinz trieb und beim Kartenspiel Geld verlor. 1898 ging er nach New York, gründete eine Fechtschule, heiratete am 25. Mai 1903 eine Antonetta Zazworka und begab sich mit ihr 1904/1905 auf die Rückkehr nach Florenz.

Wir springen ins Jahr 1917: Fosco Bruno Sabatino Scarselli, 1898 geboren, kam nach dem ersten Weltkrieg zurück nach Florenz und bekam schließlich 1917 eine Anstellung im Caffè Casoni, das bereits 1820 als „Drogheria e Profumeria Casoni“ gegründet wurde und dann zwischen 1932 und 1933 geschlossen wurde. Wir erinnern uns an die „Americano“ Legende, die sich auf den Boxer Primo Carnera beruft, der 1933 in New York den WM-Titel holte, diese Geschichte ist spätestens jetzt raus, denn der Negroni war nicht vor dem Americano da! Die Räumlichkeiten des vorigen Caffè Casoni wurden vom Caffè Giacosa übernommen, welches 1934 eröffnet wurde, im selben Jahr am 25. September 1934 verstirbt Camillo Negroni. An das geschichtsträchtige Caffè, das inzwischen ein Roberto-Cavalli-Shop ist, erinnert nur noch eine Gedenktafel.

Der Graf Negroni war dort Stammgast - irgendwann zwischen 1917 und 1920 betrat er die Bar und bat Fosco Scarselli darum, seinen „solito (üblichen) Aperitivo" zu verstärken.

Ungeklärt bleibt hier die Tatsache, ob es sich um einen „Milano-Torino“ oder ein „Americano Bitterlikör“ gehandelt hat, oder war es gar ein Americano mit Soda?

Mehr darüber im letzten Teil unserer Entstehungsgeschichte des Negroni…

Die „Americano Verschwörung“ trifft auf die Spur des Grafen - der Negroni entsteht

Teil II

Wir erinnern uns an Teil I der Entstehungsgeschichte des Negroni…. Fosco Bruno Sabatino Scarselli trat 1917 seine Stelle als Barmann im Caffé Casoni in Florenz an. Der Graf Negroni war dort Stammgast - irgendwann zwischen 1917 und 1920 betrat er die Café-Bar und bat Fosco Scarselli darum, seinen „solito (üblichen) Aperitivo" zu verstärken. Ungeklärt bleibt hier nach wie vor die Tatsache, ob es sich um einen „Milano-Torino“ oder ein „Americano Bitterlikör“ gehandelt hat, oder es gar ein Americano mit Soda war.

Ab diesem Tag, so sagt man, bestellte Camillo dann bei Fosco immer „das Übliche“, nämlich diese Abwandlung des Aperitivos. Die anderen Gäste sollen neugierig geworden sein und ebenfalls einen Aperitivo im Stile des Grafen Negroni bestellt haben. So hat es vermutlich nicht lange gedauert bis dieser Drink einfach „Negroni“ genannt wurde. Von Florenz aus soll sich der „Negroni“ dann nach Mailand und Rom verbreitet haben.

Dass zumindest Fosco Scarselli bei der Entstehung des Negronis anwesend war und der Drink zwischen 1917 und 1920 entstanden sein muss, ist bewiesen. Es existiert ein Brief aus dem Jahr 1920, der den Negroni erwähnt. Ein Freund des Grafen namens Francis Harper, seines Zeichens Londoner Antiquitätenhändler, verfasste am 13. Oktober 1920 einen Brief an den Grafen: „My Dear Negroni, … you must not take more than 20 Negronis in one day.“ Dieser Brief belegt also nicht nur, dass es den Negroni bereits 1920 schon gab, sondern auch, dass der Graf mehr als 20 Negronis am Tag trank.

Luca Picchi, italienischer Trinkhistoriker und Buchautor, bezweifelt hinsichtlich der mittlerweile üblichen Rezeptur, dass der Graf zwanzig solche Negronis am Tag getrunken haben soll, ich auch! Die Erklärung bietet der erste Teil dieser Recherche, basierend auf der Erkenntnis der ital. Bar-Online-Seite „Saperebere“, dass zu dieser Zeit Aperitivi in kleine ital. Weingläser von 30-50ml ausgeschenkt wurden. Doch selbst zwanzig Drinks dieser Menge wären relativ viel, ohne jemals betrunken gewirkt zu haben, wie einmal Fosco Scarselli des Grafen Wirkung auf ihn beschrieben haben soll.

Heutzutage rührt man einen Negroni mit nahezu gleichen Teilen Campari, Gin und Vermouth auf Eis. Ich habe Zweifel daran, dass Camillo um die Verwendung von Gin gebeten hatte, als er seinen Aperitivo verstärkt haben wollte. Dass dies die Idee von Fosco Scarselli gewesen sein muss, belegt ein Auszug eines Artikels aus dem November 1962, in dem Fosco mit folgenden Worten zitiert wurde: „Graf Camillo Negroni trank auch den Americano, aber er wollte ihn etwas kräftiger. Ich habe ein paar Tropfen (bitteren) Gin hinzugefügt. So entstand die berühmte Mischung.“

So gibt Fosco an, er hätte dem Americano lediglich ein paar Tropfen bitteren Gin hinzugefügt. Da sich ein paar Tropfen aber nicht zwingend auf das Aroma auswirken – es sei denn, man bereitet nur kleine Mengen zu – bestätigt mir die These, dass dieser Americano, bzw. der erste „Negroni“ als Aperitiv in kleinen Cordialgläsern serviert wurde. Wieviel nun unter ein paar Tropfen zu verstehen ist, sei einmal dahingestellt, es könnte durchaus ein halber oder ein ganzer Barlöffel gewesen sein. Es sei an dieser Stelle zunächst einmal hervorgehoben, daß Fosco nicht davon sprach, er hätte Soda gegen Gin ausgetauscht. Er sagt also nur, er hätte dem Americano ein paar Tropfen Gin hinzugefügt. Soda muß also im originalen Negroni vorhanden gewesen sein. Berücksichtigt man dazu die Tatsache, dass zu dieser Zeit das Eis noch nicht fester Bestand in den ersten italienischen Café-Bars war, so wurde der erste Negroni nicht gerührt und der Schuss gekühlten Sodas war die eiskalte Seele dieses Aperitifdrinks.

Im Laufe der Jahre hat sich demnach der Negroni zu einem völlig anderen Drink entwickelt, in Rezeptur und Herstellungsart - ähnlich wie ein Martini Cocktail (folgt demnächst als nächster Teil in der Rubrik „Entstehungsgeschichte eines Klassikers“) wurde der Negroni stärker und maskuliner, aber auch facettenreicher und vielfältiger und hat sich zu einem potenten Maßstab an jeder ernstzunehmenden Bar etabliert.