Pisco ist die Nationalspirituose zweier Länder. Trotzdem trinken Peruaner und Chilenen nicht das gleiche. Und sie streiten sich, wer „richtig“ trinkt. Chile ist nicht bei der Fußball-WM dabei und irgendwie sind die Chilenen in Südamerika nicht so beliebt und irgendwie kommt es mir so vor als hätten sie von den Peruanern den Pisco nachgemacht ;-)
Angeheizt durch den Hype der peruanischen Küche, was nicht zuletzt ganz aktuell durch die Tatsache belegt wird, dass sich auch 2018 mit dem „Central“ (Nr. 6), dem „Maido“ (Nr. 7) sowie dem „Astrid y Gastón“ (Nr. 39) gleich drei Restaurants aus der peruanischen Hauptstadt Lima auf der Liste der „World’s 50 Best Restaurants“ befinden und dem erfrischenden Fußball den die Elf aus Peru spielt, mache ich mich daran, das Geheimnis eines guten Pisco Sour zu entschlüsseln.
Was ist ein Pisco?
In Peru darf fermentierter Most aus 4 nicht-aromatischen roten Rebsorten und 4 aromatischen weißen Rebsorten gewonnen werden und anschließend ein Traubenbrand in einem traditionellen Destillationsdurchgang bis max 48%Vol. hergestellt werden. In Peru darf anschließend nicht mit Wasser auf die erwünschte Trinkstärke herab reduziert, nicht gesüßt und auch nicht in Holzfässern nachgereift werden. In Peru gibt es drei verschiedene Pisco Typen: Pisco Puro, aus einer einzigen autorisierten Rebsorte. Pisco Acholada, aus mind. 2 autorisierten Rebsorten (auch Blend aus entweder Maische, Most oder Destillat). Mosto Verde, aromatischer Pisco durch Destillation von nicht vollständig vergorenem Most.
Beim chilenischen Pendant verhält sich das Reglement ein wenig anders, hier werden nur aromatische Trauben verwendet – vornehmlich Rebsorten der Moscatel-Familie. Die Destillation erfolgt semikontinuierlich mit aufgesetzter Fraktionierkolonne, danach darf chilenischer Pisco mind. 3 Monate in lokalen oder amerikanischen Eichenfässern reifen. Dementsprechend ist seine Farbe häufig dunkler. Die Alkoholstärke bestimmt die vier Typen „tradicional“ (30-33%Vol.), „especial“ (35%Vol.), „reservado“ (40%Vol.) und „gran“ (43-50%Vol.).
Wer hat’s erfunden? Alles dürfte mit den spanischen Eroberern begonnen haben, die das Wissen um Weinbau und Destillierkunst mit nach Südamerika brachten und zunächst alle spanischen Eroberungen in das Vizekönigreich Neu-Kastilien untergliederten. Im 18. Jhdt. wurden die spanischen Kolonien in die vier verwaltenden Vizekönigreiche Neuspanien, Neugranada, Río de la Plata und Peru aufgeteilt. Chile war zu diesem Zeitpunkt eine Kolonie des Vizekönigreichs Peru - die zwei Staaten trennten sich erst 1818-1824 durch die Unabhängigkeitskriege von Spanien - der Pisco ist also davor entstanden, wie erste schriftliche Erwähnungen aus dem frühen 17. Jhdt. belegen. Somit dürfte der Ursprung der ersten Destillate tatsächlich im heutigen Peru liegen. Die Küstenregion um die heutige Hafenstadt Pisco, südlich von Lima, wurde wegen ihres Vogelreichtums von den Inkas „Pisko“ genannt, was in der indigenen Sprache „Quechua“ etwa „Tal der Vögel“ bedeutet. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass in den Jahren nachkolonialen Aufbaus gerade die Seevögel durch ihre Exkremente Peru einen außenwirtschaftlicher Topseller bescherten. Der an der Küste gewonnene „Guano“ wurde als Blumendünger entdeckt und zuerst nach England und dann nach Europa exportiert. Zudem wurden in dieser Region bestimmte Tongefäße hergestellt, die in Anlehnung an den Namen der Region als Piskos (span. pisquillos) bezeichnet wurden. Die Gefäße wurden dann von den Spaniern entlang der südamerikanischen Pazifikküste zur Lagerung des Traubenbrandes genutzt. Der Traubenbrand wurde dieser Annahme zufolge nach den Gefäßen benannt oder wie eine andere Theorie besagt, wurde von Pisco aus der überwiegende Teil der Traubenbrandproduktion Südamerikas nach Europa verschifft, auf den Gefäßen stand „de Piscu“, was dann von den Spaniern auf das Destillat bezogen und letztlich dafür verwendet wurde.
Zitat Wikipedia: „Der deutsche Forschungsreisende Eduard Poeppig schrieb in seiner 1835 publizierten Reise in Chile, Peru und auf dem Amazonenstrome während der Jahre 1827–1832, dass Peru nach Chile Pisco-Branntwein exportiert, während von Chile nach Peru Branntwein exportiert wurde. Dass Pisco ein aus Peru stammender Branntwein ist, der aus Trauben der Rebsorte Italia (eine der autorisierten, aromatischen Reben) hergestellt wird, berichtete 1835 die Wiener Zeitung: „Ehemals wurde in Chile eine große Menge des unter dem Nahmen Pisco de Italia im Lande bekannten Branntweins verbraucht, der aus Peru kam; aber seitdem die Einfuhrzölle so hoch sind, hat man aus einer Art Traube mit großen ovalen Beeren ein ähnliches Getränk bereitet, welches das peruanische fast gänzlich verdrängt hat.“ – Wiener Zeitung: Samstag, 1. August 1835, Seite 1
Die Chilenen bestritten nicht, dass Pisco-Weinbrand zuerst in Peru hergestellt wurde. Sie wollten lediglich ihre Traubenbrände auch als „Pisco“ deklariert wissen und dass Pisco zu einem generischen Begriff für diese Art von Weinbrand aus Südamerika geworden ist und deshalb nicht an die geographische Ursprungsbezeichnung in Peru gebunden sei. Um den chilenischen Anspruch auf eigene Pisco-Herstellung zu unterstreichen, wurde der chilenische Ort „La Unión“ (ursprgl.„La Greda“) am 1. Februar 1936 in Pisco Elqui umbenannt - mit dem Hintergedanken, wenn Pisco im Land drinnen ist, kann auch Pisco nach draußen exportiert werden. Da waren die Chilenen etwas bedachter, ehe die Peruaner erst 1990 die Herkunft des peruanischen Pisco verfasst haben.
Die Geschichte des Pisco Sour: Als erster schriftlich dokumentierter Nachweis des Pisco Sour wird heute oft eine Anzeige der Morris´ Bar in Lima genannt. Die Anzeige erschien in der Publikation "Lima - La Ciudad de los Virreyes" (Lima - Stadt der Vizekönige) in der Auflage von 1928/1929. Der Drink entstand aber schon einige Jahre zuvor: Victor Morris wurde 1873 in Salt Lake City in Utah/USA geboren. 1903 kam er für die Cerro de Pasco Railway Company nach Peru. Zu dieser Zeit war die Bahnlinie nach Cerro de Pasco noch im Bau. Der erste Zug fuhr jedoch schon wenige Monate später, am 28. Juli 1904. Die Eröffnung der Bahnlinie war Anlass zu einer feierlichen Zeremonie. Es wird berichtet, dass Victor Morris die Verantwortung für die Bewirtung der Festgesellschaft hatte. Ein Cocktail der gewöhnlich bei einem Anlass dieser Art angeboten wurde war der Whiskey Sour. Anscheinend fehlte aber wohl eine ausreichende Menge an Whiskey für dessen Zubereitung. Der Whiskey wurde kurzerhand durch Pisco ersetzt und der Pisco Sour war geboren. Erst elf Jahre später - ab 1915 - lebte Victor Morris in Lima. Wie Nachfahren von ihm heute berichten, gab er in einer Anzeige aus dem gleichen Jahr die Eröffnung einer Bar - der Morris´ Bar - bekannt. Darin heisst es demnach unter anderem: "This bar offers the exquisite preparation of the Pisco Sour". Victor Morris verstarb im Jahr 1929 und im gleichen Jahr schloss die Morris´ Bar. Barmänner der Morris´ Bar trugen das Rezept des Pisco Sour weiter. Erst einige Jahre später entwickelte Morris‘ Angestellter Mario Bruiget den Drink weiter, indem er den landestypischen Amargo Chuncho Bitter und Eiweiß dazupackte. Das ist auch heute noch das typische Markenzeichen eines peruanischen Pisco Sour: Drei braune Punkte des Bitters auf dem Eiweißschaum.
Und nur ungefähr 75 Jahre später, 2004 nämlich, bekam der Drink mit dem „Día Nacional del Pisco Sour“ seinen eigenen, offiziellen Festtag in Peru. Er findet immer am ersten Samstag im Februar statt und ergänzt den seit 1999 stattfindenden „Día Nacional del Pisco“ am vierten Sonntag im Juli. Beide Festtage werden vor allem in den Trauben-Anbaugebieten mit diversen Fiestas zu Ehren von Pisco und Pisco Sour gefeiert.
Der Pisco Sour nach klassischem peruanischem Rezept wird traditionell mit Pisco Puro „Quebranta“ zubereitet. Quebranta steht für die Traubensorte und zwar in diesem Fall für die am weitesten verbreitete in Peru. Nach geschmacklicher Vorliebe darf aber auch ein anderen Typ Pisco verwendet werden. Sehr beliebt ist neben dem Pisco Puro „Quebranta“ besonders der Pisco Acholado.
Rezeptur:
6cl Pisco Puro „Quebranta“
3cl Limettensaft
2cl Zuckersirup
1,5cl Eiweiß
3ds Amargo Chungo