"Mit Milch und Zucker, Süßer?"

Ich weiß nicht, wie’s euch geht, aber ich brauche morgens meine Tasse heißen Kaffee, der mich auf die Beine bringt. In Santiago de Chile wiederum, kommt der Kaffee bereits auf Beinen! In Chile jedoch findet man bis heute noch auf fast allen Getränkekarten nahezu ausschließlich Pulverkaffee. Will man leckeren Bohnenkaffee geniessen, so landet man fast zwangsläufig in einem „Café con piernas“ ("Kaffee mit Beinen").

 

Der Besuch eines „Café con piernas“ ist allerdings ein ganz spezielles chilenisches Vergnügen, welches nichts ahnende Touristen regelmäßig zum Staunen bringt.

Denn hier ist nicht nur der Kaffee heiß: der wird hier nämlich von mehr oder weniger bekleideten, stets sehr hübschen Frauen ausgeschenkt. Traditionell tragen die Damen dabei hautenge Miniröcke, oder das sogenannte „kleine Schwarze“. Gekonnt charmant stellen diese den meist männlichen Gästen immer die gleiche Frage: „mit Milch und Zucker, Süßer?“

Für eine optimale Sicht auf die Beine der Mädels sorgen dabei vor allem die erhöhten Böden hinter der Kaffeebar. In der Regel sind die Räumlichkeiten auch gut mit Spiegeln ausgestattet, so dass man(n), egal in welche Richtung man schaut, immer etwas Anregendes zu sehen hat. Viele wohl situierte Unternehmer, Beamte und andere Angehörige der chilenischen „Upper-Class“ lenken sich hier in der Mittagspause und auch am Feierabend gern vom sonst eintönigen Büroalltag ab.

Die Cafés sind heute leider mehr für die nackten Beine des Personals bekannt, als für den exzellenten Bohnenkaffee. Das war früher mal anders. Als die Pioniere der Kaffee-Ketten (Haiti und Caribe) vor über vier Jahrzehnten erstmals Bohnenkaffee ausschenkten, war das etwas ganz Besonderes.

Ein eher zweifelhaftes Vergnügen erlebt man in den Cafés, deren Fensterfronten getönt oder verspiegelt sind, um die neugierigen Blicke der Passanten fernzuhalten. Dort tragen die Serviererinnen nämlich kaum mehr als einen Bikini oder Dessous. Und in der stündlichen „Happy Minute“ werden kurz die Hüllen fallen gelassen. Ohne Witz! Chilenen sind Genießer. Gucken und genießen erlaubt, Prostitution ist in allen Cafés ein Tabu und verboten!

Man genießt seinen Kaffee und gerne auch die schöne Aussicht. Das Genießen spiegelt sich auch in der chilenischen Weintradition und deren Qualität wider. „Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken“, sagt der Chilene. Chile hat sich zu einem bedeutenden Weinproduzenten entwickelt. Chilenischer Merlot, Cabernet Sauvignon und Chardonnay genießen weltweite Anerkennung. Man kann problemlos viele Weingüter besuchen, sich durch ein Gut führen lassen und an einer Weinprobe teilnehmen.

Die Chilenen finden aber auch mal an einem Schnäpschen großen Genuss. Recht oft und gerne am bekannten Traubenschnaps „Pisco“ – einem klaren, typisch chilenischen Branntwein, mit einem Alkoholanteil von 30 - 40%. Nicht aus Wein gemacht, sondern aus vergorenem Traubenmost hergestellt. Von der peruanischen Grenze bis in die Antarktis begegnet man diesem Nationalgetränk. Der Name stammt übrigens ab von „Piscu“, was in Quechua, der Sprache der Inkas, „fliegender Vogel“ bedeutet.

Die chilenische Jugend trinkt ihn gerne auch als Pisco-Libre (Pisco mit Cola), genannt „Piscola“. Doch der beliebteste und bekannteste Aperitif Chiles ist der „Pisco Sour“. Der erste erfrischt, der zweite beruhigt, nach dem dritten „fliegt“ man.


Rezepturen:


Coffee-Pisco Sour:

Zutaten:
3cl Coffee-Pisco*
1cl Limettensaft
1cl Zuckersirup
(optional) geschlagener Eiweiß

Glas: Tumbler

Garnitur: Limettenzeste

Zubereitung:
Die Flüssigkeiten auf Eis mixen und ins Gastglas abseihen.
*Pisco mit ca. 10 Kaffeebohnen über nacht ziehen lassen. Abseihen - fertig ist der aromatisierte Pisco.


Pingo:

Zutaten:
5cl Pisco
fill Mangosaft
Lime Squeeze

Glas: Longdrink

Garnitur: Mango, Limette

Zubereitung:
Zutaten direkt ins Gastglas gießen, Eiswürfel dazugeben, mit Limette abspritzen und mit Mango garnieren.


Pisco Punch:

Zutaten:
4cl Pisco
2cl Limettensaft
2cl Ananas-Sirup
2 Dashes Armago (chilenischer Cocktailbitter)

Gals: Coupette

Garnitur: Limettenzeste

Zubereitung:
Alle Zutaten auf Eis shaken und abseihen.


Chileno Blanco:

Zutaten:
3cl Pisco
2cl Kahlua
2cl Sahne float on Top

Glas: Cocktailschale

Garnitur: Kaffeebohnen oder herbe Schokolade

Zubereitung:
Pisco und Kaffeelikör kaltrühren und in die Cocktailschale abseihen. Sahne über einen Barlöffel langsam floaten.


Es gibt bis heute Streit darüber, wo der wahre und echte Pisco hergestellt wird – in Chile oder doch in Peru. Beide Piscos unterscheiden sich erheblich – vor allem im Herstellungsverfahren. Bei der Herstellung des peruanischen Pisco darf weder Hefe, noch Wasser oder Zucker zugesetzt werden, ganz im Gegenteil zum chilenischen Pisco.

Auf jeden Fall ist die fortwährende Diskussion darüber, ob jetzt Pisco chilenisch oder peruanisch ist, eigentlich nebensächlich. Viel wichtiger ist es doch, dass er schmeckt. Aber Vorsicht bei übermäßigem Genuss – denn wie die chilenische Volksweisheit sagt: „Pisco lässt die Vögel fliegen!“ ;-)